Sorry, you need to enable JavaScript to visit this website.

Herausforderung: Selbstbehandlung daheim

Das regelmäßige Spritzen des Gerinnungsfaktors ist auch im fortschreitenden Alter essenziell, um die Autonomie zu erhalten. Für Bluter bedeutet Selbständigkeit in diesem Lebensabschnitt, dass sie z. B. ihre Heimselbstbehandlung noch eigenständig durchführen können. Wenn sich das eigenständige Spritzen nach und nach schwieriger gestaltet, gibt es unterstützende Möglichkeiten

Körperliche Auswirkungen der Hämophilie 

Möglicherweise konnten Sie nicht seit Kindheit an von einer regelmäßigen prophylaktischen Behandlung profitieren und haben schon früh wiederholte und/oder nicht-umgehend therapierte Einblutungen in die Gelenke erlitten. 

Mit den Jahren kann sich daraus eine Arthropathie entwickelt haben, die zu Bewegungseinschränkungen bis hin zu Versteifungen führte.  

Wenn Sie an einer Arthropathie leiden, sollten Sie mit Ihrem Arzt über die Möglichkeit einer kontinuierlichen Physiotherapie sprechen, um fortschreitende Schädigungen, v. a. in den am häufigsten betroffenen Sprung-, Arm- und Kniegelenken, zu verzögern. Die Vorteile einer Physiotherapie konnte auch durch eine Studie mit 44 Patienten belegt werden. Nach einem Jahr Behandlung benötigten sie weniger Schmerzmittel, die Häufigkeit von Verletzungen ging zurück und die Schmerzen konnten stark gemindert werden. Somit ließ sich dadurch auch die Lebensqualität der Patienten steigern. Ein großer Vorteil ist, dass Sie eine Physiotherapie jederzeit und auch im fortgeschrittenen Alter starten können. 

Sensibilitätsstörungen  

Durch Einblutungen ins Muskelgewebe kann zudem ein so genanntes Kompartmentsyndrom entstehen. Das Krankheitsbild entwickelt sich nach folgendem Mechanismus: Muskeln sind von Hüllen, den Faszien, umgeben und begrenzt. Kommt es zur Einblutung, kann durch die umgebenden Faszien keine Druckentlastung stattfinden. Dadurch erhöht sich der Gewebedruck im Muskel, der den darin befindlichen Nerv quetscht. Bleibt der Druck lange bestehen oder wiederholt sich häufig, kann es langfristig zu Nervenschädigungen kommen. Sie machen sich durch Sensibilitätsstörungen, z. B. am Arm, bemerkbar. 

Sensibilitätsverluste in den Fingern können durch chronische Erkrankungen wie Diabetes mellitus entstehen. Bei Diabetes werden die Nerven durch dauerhaft erhöhte Blutzuckerwerte sowie daraus resultierende Stoffwechselveränderungen geschädigt.

Bildung von Narbengewebe an Einstichstellen  

Des Weiteren bildet sich mit den Jahren häufig Narbengewebe an den bevorzugt, meist gut zugänglichen Einstichstellen. Ein Wechsel auf weniger leicht erreichbare Stellen ist nicht immer möglich. Regelmäßiges Eincremen der Einstichstellen hält die Haut geschmeidiger und kann helfen, die „Lieblingsstelle“ länger zu nutzen.

Hilfestellungen beim Spritzen: Venentraining & einfache Spritzensysteme 

Wenn Ihnen zudem das Finden der Venen schwerfällt, können Ihnen möglicherweise die folgenden Tipps helfen. Sie unterstützen die Stärkung der Venen langfristig bzw. tragen dazu bei, sie direkt zum Punktionszeitpunkt gut sichtbar zu machen:  

Regelmäßige Maßnahmen 

  • Training mit einem Venen-Ball  sowie eine 
  • tägliche Aufnahme einer ausreichenden Flüssigkeitsmenge (vorzugsweise ungesüßte Getränke)  

Zum Stichzeitpunkt selbst 

  • Muskelbewegungen (Öffnen und Schließen der Hand) 
  • Injektion in die Armbeuge: Unterarm kurz davor in warmes Wasser tauchen  
  • Injektion in den Handrücken: Arm nach unten halten  

Ein Wechsel der Spritzensystems kann eine weitere Möglichkeit sein, eine Erleichterung in der Therapie zu erzielen. Verfügbare Fertigspritzensysteme können die Aufbereitung des Faktorkonzentrats beschleunigen und vereinfachen, da Pulver und Lösungsmittel bereits in der Spritze zusammengeführt sind. Wenn Sie das Gefühl haben, dass Sie dadurch das Management der Hämophilie besser gestalten könnten, sprechen Sie Ihren Arzt darauf an. Weitere Informationen finden Sie auch in der Kategorie ,,Senioren" im Kapitel ,,Therapietreue in der Heimselbstbehandlung".

Ambulante Unterstützung – Pflegedienste und -fahrten bei Hämophilie  

Dennoch kann das Vorbereiten und Durchführen der Faktorgabe durch die aufgezählten Umstände so schwierig werden, dass eine Heimselbstbehandlung nur mit Unterstützung durch Angehörige oder Pflegepersonal aufrechterhalten werden kann.

Hilfe durch mobilen Pflegedienst 

Eine ambulante Unterstützung bei der Faktorgabe (medizinische Behandlungspflege) durch einen mobilen Pflegedienst kann durch einen Arzt verschrieben werden. Die Verordnung lautet dann auf „häusliche Krankenpflege“. Die genauen Voraussetzungen und weiterführende Informationen zu diesem Thema erhalten Sie hier

Erstattung der Fahrten zum Hämophiliezentrum 

Nichtsdestotrotz sollten Sie möglichst zweimal im Jahr im Hämophilie-Behandlungszentrum vorbeischauen. Die Fahrten dorthin werden bei Vorliegen eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen "aG" (außergewöhnliche Gehbehinderung), "Bl" (blind) oder "H" (hilflos) oder nach einer Einstufung in den Pflegegrad 3, 4 oder 5 von der Krankenkasse übernommen. 

Wenn Sie in keine der aufgeführten Kategorien fallen, kann die Fahrt dorthin trotzdem von der Krankenkasse übernommen werden. Dafür muss Ihnen Ihr Hausarzt die Notwendigkeit über das Wahrnehmen des ambulanten Termins bescheinigen und dieser Antrag muss vor der Fahrt ins Hämophiliezentrum von der Krankenkasse genehmigt werden. Mehr Informationen zu diesem Thema finden Sie auch hier.

Haemoassist® – Digitale Dokumentation der Substitutionstherapie 

Eine Erleichterung im Alltag können auch elektronische Dokumentationssysteme wie Haemoassist® 2 bringen. Wenn Ihr Arzt Sie dafür freigeschaltet hat, können Sie über Ihr Smartphone (oder bei Bedarf auch über eine Webanwendung an Ihrem Computer) alle Therapie-relevanten Daten wie Faktorverbrauch oder Blutungsereignisse in Echtzeit dokumentieren. Ihr Arzt kann sich mit einem Klick und auf einen Blick über Ihren aktuellen Therapieverlauf informieren und diesen gemeinsam mit Ihnen bei Ihrem nächsten Arztbesuch besprechen. Durch die Echtzeit-Dokumentation kann Ihr Arzt Sie bei auffälligen Therapieereignissen direkt kontaktieren und falls nötig, Ihre Behandlung auf Basis der Haemoassist®-Auswertungen anpassen. Diese Form der elektronischen Dokumentation ermöglicht Ihnen ein aktives Management Ihrer Therapie. Langfristig betrachtet, kann so eine Verbesserung der Behandlungsergebnisse erzielt werden.  

Mehr Informationen zur Haemoassist® 2 Hämophilie-Therapiemanagement-System finden Sie hier

Auch bieten die Artikel „App-solute Dokumentation“ sowie „Haemoassist® 2: Digitale Innovation für den Patienten daheim“ einen guten Überblick zu diesem Thema (https://ukbnewsroom.blog/2017/09/14/haemoassist-2-digitale-innovation-fuer-den-patienten-daheim/) . 

Scheuen Sie sich nicht Ihr behandelndes Hämophiliezentrum, bei (beginnenden) Schwierigkeiten mit der Durchführung der Heimselbsttherapie zu informieren, um rasch Lösungen zu finden.  

Empfohlene Artikel