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GSAV: Das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung

Was ändert sich für Patienten mit Hämophilie?

Das „Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung“ (GSAV) wurde bereits im vergangenen Jahr verabschiedet und soll vor allem die Arzneimittelsicherheit und -kontrolle verbessern. Enthalten sind aber auch Neuerungen, die speziell Patienten betreffen, die auf Gerinnungsfaktoren angewiesen sind: Diese Faktorpräparate gibt es künftig nicht mehr, wie gewohnt, direkt beim behandelnden Arzt, sondern, wie andere Medikamente auch, auf Rezept in der Apotheke. Für gesetzlich Versicherte fällt dabei in der Regel jeweils eine Zuzahlung von 10 Euro an. 

Beruhigend zu wissen: Im Notfall haben Hämophilie-Patienten rund um die Uhr Zugang zu ihren Medikamenten. Denn Hämophilie-Zentren und andere Einrichtungen zur Hämophilie-Versorgung haben auch weiterhin Faktorpräparate für Notfälle vorrätig bzw. kooperieren mit einer Apotheke, die ein Notfalldepot unterhält. 

Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen

 

Wann tritt die Änderung in Kraft?

Das GSAV wurde bereits im letzten Jahr verabschiedet; bis zum 1. September 2020 gilt jedoch eine Übergangsfrist. Während der Übergangsfrist können Sie Ihre Faktorpräparate noch direkt vom behandelnden Arzt erhalten – danach im Regelfall nur noch per Rezept in der Apotheke. 

Wer stellt das Rezept aus?

Üblicherweise erhalten Sie das Rezept für Ihr Faktorpräparat vom gleichen Hämophilie-Behandler, der Ihnen bislang die Medikamente mitgegeben hat. Aber auch andere Ärzte, wie z. B. Ihr Hausarzt, können ein Rezept ausstellen. Die Apotheke wird dann die Abgabe des Präparates an den verordnenden Arzt melden und dieser wird Ihren Hämophilie-Behandler von der Abgabe informieren.

Bekomme ich mein Faktorpräparat in jeder Apotheke?

Ja, so sieht es das Gesetz vor. Trotzdem ist es ratsam, im Vorfeld bei Ihrer Wunschapotheke nachzufragen.

Warum wurde das Gesetz geändert?

Das neue Gesetz nimmt eine alte Ausnahmeregelung zurück und behandelt in Zukunft Faktorpräparate genauso wie andere vergleichbare Medikamente. 

Früher sollten Präparate, die aus menschlichem Blut gewonnen werden oder Blutbestandteile enthalten, ohne Umweg über die Apotheke direkt vom Hersteller an das behandelnde Zentrum geliefert werden, um bei diesen sensiblen Arzneimitteln die Gefahr einer Verunreinigung gering zu halten. Für Präparate, die aus menschlichem Blut gewonnen werden, gilt diese Ausnahmeregelung nach wie vor. Doch plasmatisch oder gentechnologisch hergestellte Gerinnungsfaktorzubereitungen sind, z. B. in der Haltbarkeit und Empfindlichkeit, mit monoklonalen Antikörpern vergleichbar – und diese werden auch über die Apotheke abgegeben. 

Muss jeder die Zuzahlung leisten?

Kinder bis 18 Jahre sind von der Zuzahlung befreit. Alle anderen gesetzlich Versicherten müssen die Zuzahlung für Faktorpräparate leisten – in der Regel sind das 10 Euro pro Medikament. Nur wenn die gesammelten Zuzahlungen Ihre individuelle Belastungsgrenze übersteigen, können Sie sich von weiteren Gebühren befreien lassen. Das betrifft vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen, die viele bzw. viele verschiedene Medikamente einnehmen müssen.

Tipp: Mehrere Packungen pro Rezept
Damit Sie nicht für jede einzelne Packung Ihres Medikamentes zuzahlen müssen, sondern nur für jedes Rezept, kann Ihnen Ihr Arzt eine Bündelpackung verordnen. Wenn Sie eine Dauertherapie erhalten, kann er dabei Ihren Arzneimittelbedarf für bis zu 100 Tage gesammelt aufschreiben. Die Apotheke bündelt dann die entsprechenden Einzelpackungen und die Zuzahlung fällt dafür nur einmal an.

 

 

Und wenn ich eine private Krankenversicherung habe?

Als Privatversicherter sollten Sie die Zahlungsmodalitäten für Ihre Faktorpräparate mit Ihrer Krankenkasse und Apotheke besprechen.

Was mache ich, wenn ich aufgrund eines Notfalls sofort ein Faktorpräparat benötige?

 

Ihr behandelnder Arzt bzw. Ihr Hämophilie-Zentrum darf weiterhin Arzneimittelvorräte für Notfallbehandlungen in seinen Räumlichkeiten lagern oder mit einer Apotheke kooperieren, die dies für ihn übernimmt. Fragen Sie Ihren behandelnden Arzt bzw. in Ihrem Hämophilie-Zentrum, wo das nächste Notfalldepot für Sie zur Verfügung stehen wird. Die Notfallversorgung wird jederzeit rund um die Uhr erreichbar sein und Ihre Versorgung auch bei unvorhergesehenen Ereignissen sicherstellen.

 

Befreiung von der Zuzahlung?

Wer als gesetzlich Versicherter über seine individuelle Belastungsgrenze hinaus Zuzahlungen für Medikamente leistet, kann sich davon befreien lassen.

1. Berechnen Sie zunächst Ihre individuelle Belastungsgrenze:
  • Für chronisch kranke Alleinstehende liegt diese Grenze bei 1 % des Jahresbruttoeinkommens.
  • Wer mit Ehepartner und/oder Kindern im Haushalt lebt, muss eine kompliziertere Rechnung anstellen: Zählen Sie zunächst das gesamte Familienbruttoeinkommen (Jahreseinkommen) zusammen. Für Ihren Partner ziehen Sie einen Freibetrag von 5.733 Euro ab und für jedes minderjährige Kind weitere 7.812 Euro. Ihre individuelle Belastungsgrenze als chronisch Erkrankter beträgt 1 % vom Rechenergebnis.
  • Wer Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe), Arbeitslosengeld II oder Grundsicherung im Alter bezieht, muss nicht rechnen: Für chronisch Kranke liegt die Belastungsgrenze in der Regel bei 136,43 Euro.
2. Überschlagen Sie nun, wie häufig und in welcher Höhe Sie über das Jahr verteilt Zuzahlungen leisten:
 
  • Private Zuzahlungen zum Zahnersatz oder individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) zählen nicht dazu, nur die umgangssprachlich „Rezeptgebühr“ genannten Zuzahlungen.
  • Nur wenn das Jahresergebnis über Ihrer zuvor berechneten Belastungsgrenze liegt, können Sie die Zuzahlungen, die Sie über die Belastungsgrenze hinaus leisten müssen, zurückfordern.
3. Lassen Sie Ihre Hämophilie-Erkrankung von der Krankenkasse als „schwerwiegende, chronische Erkrankung in Dauerbehandlung“ anerkennen:
 
  • Fordern Sie ein entsprechendes Formular bei Ihrer Krankenkasse an. Der Arzt füllt es aus und Sie reichen es dann ein. Dann entscheidet die Krankenkasse über die Bewilligung.
  • Erkennt die Krankenkasse die Form Ihrer Hämophilie nicht als eine solche schwerwiegende chronische Erkrankung an, verdoppelt sich Ihre individuelle Belastungsgrenze.
4. Sammeln Sie die Belege all Ihrer Zuzahlungen, behalten Sie die Summe im Blick und reichen Sie die Belege bei Erreichen Ihrer Belastungsgrenze zur Erstattung ein:
 
  • Sobald Sie mit Ihren Zuzahlungen innerhalb eines Kalenderjahres die Belastungsgrenze erreicht haben, können Sie bei Ihrer Krankenkasse eine Befreiungsbescheinigung beantragen. Zusammen mit dem Antrag müssen Sie alle Originalquittungen über die geleisteten Zuzahlungen und Kopien der Einkommensnachweise (zum Beispiel Gehaltsbescheinigung – gegebenenfalls auch des Ehepartners) bei der Krankenkasse einreichen. 
  • Wird der Antrag auf die Zuzahlungsbefreiung bewilligt, so erhalten Sie einen Befreiungsbescheid und brauchen für den Rest des Jahres keine Zuzahlungen mehr zu leisten. Bereits zu viel geleistete Zuzahlungen werden Ihnen erstattet.
  • Wenn Sie sich sicher sind, dass Ihre Zuzahlungen Ihre Belastungsgrenze jedes Jahr überschreiten, können Sie auch im Voraus den gesamten maximalen Betrag in Höhe der Zuzahlungsgrenze an die Krankenkasse zahlen und werden dann prinzipiell von Zuzahlungen befreit. Damit ersparen Sie sich das Sammeln von Kassenbelegen. 

 

Die wichtigsten Informationen zum Thema Zuzahlungen und Chroniker-Richtlinie gibt es auch in der Checkliste „GSAV – Was ändert sich für mich?“ 

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